materialtestament

man will (vera, ich hab schon verstanden, dass dieses „man“ eine ins hirn eingearbeitete verallgemeinerungs – FORM ist) so arbeiten, wie es das material verlangt, wie es das material immer wollte. man möchte zur kunst sagen: genau SO hast du es dir doch schon immer vorgestellt, also hab ich das mal so gemacht mit all dem zeug hier, hab das einfach so zugelassen und dann wird es wohl auch so das beste gewesen sein!

schön wär`s!

leider fehlt da aber dieser teil, der, wie es so schön heisst: „einen ausmacht“. also genau dieses in einen hineingeborene und hineinerlebte , das man den rest des lebens in unterbewusstseinshallen mit sich herumschiebt, andauernd anreichert, weiter befüllt und nicht mehr los wird.

die völlig unkomplizierte materialverwendung mit dem zu verbinden, was man selbst fühlt, was man sich wirklich wünscht und was an widerständen sich sofort zeigt, wenn man ehrlich ist und zugeben kann, was nicht zu einem passt in dem moment, in dem man es doch so gerne verwendet hätte, ist werk der kunst. komisch nur, dass es so schwer ist, vor der eigenen arbeit immer, also wirklich ausnahmslos immer ehrlich zu sein, diese ehrlichkeit in kleinstmomente des machens hineinzubrechen und dann auch zu ertragen, wenn einem mal jemand anderer auf die schulter klopft, um festzustellen, wie man sich wieder in die eigene tasche gelogen hat.

vielleicht ist das auch die grosse kluft zwischen nachträglichen fragestellungen an die kunst und dem, was im moment der arbeit passiert: nachträglich werden nur grobe schritte abgefragt, wird verzweifelt nach einem leitgedanken gesucht, wird grobsprachlich um eine arbeit herumgequatscht. während der machens ist es aber die zerkleinerung des wirksamen in kleinstmomente der aufrichtigkeit, die eine sache dann wirklich aufbaut. und genau deshalb will man auch nicht andauernd GESTÖRT werden dabei! wer trotzdem klingelt, der sollte wissen, ob er oder sie nach diesen kleinen entscheidungsmomenten fragen kann und will, ob er oder sie überhaupt versteht, was das heisst und ob der belästigte mensch dieses dann überhaupt (mit-)teilen will!? ehrlich jetzt, ich will doch nicht zu jedem ehrlich sein!

jeder braucht den menschen, der einem mal per bewusstseinsspedition all das aus der hintersten reihe der hochregalverklemmungen rauszieht, was einem die arbeit tag für tag zur wirrfahrt macht. durchlüften, trauern, staunen, heulen, ist das alles wahr? ist es! um dann das leben mit der kunst als ganz normal und selbstverständlich und wirklich glücksbringendes weiter und immer weiter machen mit einem zu teilen.