montags-ident.

passamt. behördengang montag 8.00 uhr. in der warteschleife mit den bunten sitzkissen döst ein typ mit schubladentief vorgeschobenem kinn, der wenig später ganz alleine, wieder wartend, seinen kiefer in richtung lächeln der mitarbeiterin schiebt, die die von ihm angeschleppten formalitäten erledigt. nummer 3, platz 4, frau fröhlich – bitte, danke! ich habe nummer 5 und darf erstmal zusehen, wie frau u. ihren grossen teebottich durch den warteraum schaukelt. die superschlanke dame verschwindet hinter einer schiebetür, um ein paar augenblicke später die tischnummer zu sein, welche für meinen miniaturzettel, dessen zahl da oben auf dem display an der wand der kleinen eingangshalle erscheint, zuständig ist. kleiner zettel, kleines anliegen. „guten morgen – wollte nur meinen neuen pass holen, das war es auch schon!“ gut gelaunt an den platz heisst aber noch lange nicht: gut gelaunt bei frau u. ankommen und ein paar momente lang über das sofort losgetretene frage-antwort-spiel hinweggrinsen. frau u. bleibt da lieber ein etwas aus nicht machen und nicht daran zu denken, sie tippt einfach nur als neutrum mit der brille in ihre tastatur, scannt ein formular, wackelt mit ihren grossen gläsern und macht sich auf die suche nach der noch grösseren gleichgültigkeit des umherschnullerns zwischen brillengestell und dem, was da draussen in ihrer behördenwelt vor ihr sitzt. einer, der was will z.b. und einer, der ein paar takte doch vielleicht sehr gerne geredet hätte so kurz nach 8 uhr, um nicht gleich wieder zurück in den schlaf nach dem schlaf zu fallen – direkt auf die tischplatte von schalter 5. frau u. gibt mir den neuen pass, tippt noch ein paar sachen fertig und verabschiedet mich mit einer verabschiedung wie aus dem gesangbuch in der hintersten reihe der kirche im hintersten ort der ältesten ausgabe aus damals und vorgestern. man kann wiedersehen sagen, indem man dieses wiedersehen einfach zwischen seinen zähnen hervorholt und über das frisch geputzte weiss fallen lässt. man kann auch gar nichts tun und dieses wiedersehen einfach fallen lassen, egal wie: hauptsache raus damit! vielleicht war es das letzte mal, dass frau u. etwas fallen lässt. sie zieht ihre jeans bis zu den knieen hoch und steigt in den tee, spielt mit der zunge am ufer der teebottichoberfläche, saugt die kleinen wellen schlürfend ans ufer und drückt die 6. der nächste bitte!